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Geschichte der Medizin

Die Medizingeschichte ist eine Spezialdisziplin der Geschichtswissenschaft. Hier steht nicht die historische Methode im Dienst der ärztlichen Ausbildung, vielmehr wird das System Medizin zum Objekt der historischen Analyse. Diese Aufgabe bezeichnen wir als History of Medicine. Wichtige Impulse sind hier seit den 1980er Jahren vor allem von der Historischen Sozialforschung, der Mentalitätsgeschichte, der Allgemeinen Kulturgeschichte und von der Politischen Geschichte ausgegangen. Dieser zweite Aspekt bedingt eine Kooperation der Medizingeschichte mit den übrigen historischen Disziplinen und deren Methoden, zu denen die qualitative Hermeneutik ebenso gehört wie quantitative Verfahren aus dem Bereich der Sozialgeschichte.

Da die Medizingeschichte ein Querschnittsfach ist, das nicht einfach additiv zu den übrigen Disziplinen innerhalb der ärztlichen Ausbildung hinzukommt, sondern zu dessen Gegenstand früher oder später die gesamte Medizin der Vergangenheit bzw. die gesamte Vergangenheit der Medizin wird, entwickelt das Fach selbst keine autonomen Kriterien für Wissenschaftlichkeit in der Medizin. Die Funktion des Historikers besteht vielmehr darin, menschliches Handeln diachron in seinen jeweiligen zeitlichen Kontext zu stellen und es aus diesem heraus verständlich zu machen, das heißt es zu „historisieren“. Mit der Historisierung ist eine Tendenz zur Relativierung verbunden, die es als problematisch erscheinen lässt, absolute, normative Kriterien aufzustellen, die man aus einer anachronistischen Gegenwartsperspektive gewinnen würde.

Prinzipiell einmalige Ereignisse

Die Wissenschaftsphilosophen Karel Lambert und Gordon G. Brittan haben indessen auch die Grenzen der historistischen Theorienauffassung beschrieben, die es zu beachten gilt, damit der Wissenschaftshistoriker nicht den zum Teil antiwissenschaftlichen Konzepten der sogenannten „Postmoderne“ erliegt. Wenn das Ziel wissenschaftlicher Naturforschung darin besteht, nach Regelmäßigkeiten der Erscheinungen zu suchen, dann wird deutlich, warum der (Wissenschafts-)Historiker kein Naturforscher sein kann: Er beschreibt nicht experimentell wiederholbare mechanische Abläufe, sondern prinzipiell einmalige Ereignisse, Prozesse und Strukturen, wie sie für menschliches Denken und Handeln charakteristisch sind.