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Novartis-Preis für Lukas Bunse

Auszeichnung für therapierelevante immunologische Forschung

Für seine herausragende Forschung zur Entwicklung und klinischen Umsetzung von immuntherapeutischen Strategien für Hirntumorpatienten ist Dr. med. Dr. rer. nat. Lukas Bunse mit dem Novartis-Preis für therapierelevante immunologische Forschung 2023 ausgezeichnet worden. Der mit 10.000 EUR dotierte Preis, den die die Deutsche Gesellschaft für Immunologie (DGfI) in Zusammenarbeit mit der Novartis-Stiftung für therapeutische Forschung alle zwei Jahre vergibt, zeichnet Arbeiten aus, die eine Brücke zwischen immunologischer und klinischer Forschung schlagen. Die Preisverleihung fand am 29. September 2023 während der gemeinsamen Jahrestagung der Société Française d’Immunologie und der Deutschen Gesellschaft für Immunologie in Straßburg statt.

Der Arzt und Wissenschaftler Lukas Bunse erforscht an der UMM und am Deutschen Krebsforschungszentrum, wie das körpereigene Immunsystem im Kampf gegen Hirntumore unterstützt werden kann. Dabei ist er sowohl an der Entwicklung von Impfstoffen als auch an der Entwicklung von neuen zellulären Immuntherapien beteiligt.

Ein Neoepitop ist ein kurzes, von Krebszellen neu gebildetes Peptid (eine Kette von Aminosäuren), das auf der Oberfläche der Zelle präsentiert wird. Es entsteht durch genetische Mutationen oder andere strukturelle Veränderungen im Erbgut der Zelle. Da Neoepitope in normalen Zellen nicht vorkommen, werden sie vom Immunsystem als fremd erkannt und können eine Immunreaktion auslösen. Sie bilden damit einen guten Ansatzpunkt für mögliche neue Therapien.

Der Großteil der diffusen Gliome weist beispielsweise eine Genmutation im Enzym IDH1 (Isozitratdehydrogenase 1) auf. Diffuse Gliome sind Hirntumore, die in umgebendes Gewebe infiltrieren und aufgrund ihres invasiven Wachstums mit einer operativen Entfernung derzeit nicht zu heilen sind. Lukas Bunse war daran beteiligt, das IDH1-Protein mit der charakteristischen Mutation synthetisch nachzubauen und so einen mutationsspezifischen Peptid-Impfstoff herzustellen. Mit Hilfe des Impfstoffs konnte das Immunsystem so trainiert werden, dass es Tumorzellen mit der entsprechenden Mutation eliminiert, ohne gesunden Zellen zu schaden. So konnte zunächst im Mausmodel das Wachstum von IDH1-mutierten Krebszellen aufgehalten werden und auch die Ergebnisse einer ersten klinischen Studie waren sehr vielversprechend: Bei 93 Prozent der vollständig geimpften Patienten löste die Impfung die gewünschte Immunantwort aus. Bei 82 Prozent der erfolgreich Geimpften schritt das Tumorwachstum innerhalb von 2 Jahren nicht voran. In einer Phase II Studie soll nun erstmals geprüft werden, ob der IDH1-Impfstoff zu besseren Behandlungsergebnissen als die Standardtherapie allein führt. Man hofft, mit dem IDH1-Impfstoff eine Behandlung zu entwickeln, die diese Tumoren wirkungsvoller und langfristig zurückdrängt.

Zelluläre Immuntherapien lassen sich nicht mit klassischen Medikamenten vergleichen, denn sie bestehen aus lebenden, beispielsweise körpereigenen Immunzellen von Krebspatienten, die im Labor gentechnisch verändert und vermehrt werden, bevor sie erneut dem Körper zugeführt werden. Die so veränderten Zellen können sich nun gezielt gegen Tumorzellen richten. Bei einigen Patienten lassen sich so spektakuläre Erfolge erzielen. Doch nicht alle Betroffenen sprechen auf diese Therapie an, sodass weitere Forschungsanstrengungen nötig sind, um diese neue und vielversprechende Behandlungsmethode weiterzuentwickeln. Für eine solche gezielte Immuntherapie ist es zudem unabdingbar, Zielmoleküle zu finden, die vom Immunsystem erkannt werden und gleichzeitig spezifisch auf Tumorzellen vorkommen. Gerade bei den schwierig therapierbaren Gliomen ist der Mangel an geeigneten Zielstrukturen eine große Herausforderung.

Lukas Bunse konnte erstmals zeigen, dass eine Therapie mit transgenen T-Zellen, die gegen ein Tumor-Neoepitop gerichtet sind, Gliome bekämpfen kann. Als Zielstruktur wurde dabei ein Abschnitt aus dem CIC-Protein (capicua transcriptional repressor) ausgewählt, der bei etwa zwei Prozent aller Gliome eine wiederkehrende Mutation aufweist. Die in der Kulturschale erzeugten transgenen T-Zellen trugen alle den identischen, gegen das CIC-Neoepitop gerichteten hochaktiven T-Zell-Rezeptor (TZR). Dieser ist für die Erkennung des Neoepitops zuständig. Im Mausmodell führte die T-Zell-Therapie in Kombination mit einer Strahlentherapie bei einigen Tieren zur Abstoßung der Gliome. Die TZR-transgene T-Zelltherapie soll insbesondere auch im Hinblick auf weitere geeignete Zielstrukturen weiterentwickelt und in klinischen Studien erprobt werden.

Lukas Bunse studierte Medizin an der Universität Heidelberg und dem University College London (Großbritannien). Seine medizinische Doktorarbeit befasste sich mit bestimmten spontanen Immunantworten bei Gliompatienten. 2020 schloss er eine weitere Doktorarbeit im Fach Biologie ab. Er ist klinischer Wissenschaftler an der Medizinischen Fakultät Mannheim und macht seit 2019 seine Facharztausbildung zum Neurologen in der Neurologischen Klinik der UMM. Darüber hinaus ist er selbstständiger Teamleiter in der Klinischen Kooperationseinheit Neuroimmunologie und Hirntumorimmunologie am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ).