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Kombination von Multiphotonenmikroskopie und Optogenetik - DFG bewilligt Antrag auf Großgeräteforschung

Am Mannheim Center for Translational Neuroscience (MCTN) wird eine neue Technologie zur optischen Beobachtung und Manipulation neuronaler Schaltkreise auf Basis der 3D-Holografie etabliert. Unter der Federführung von Professor Dr. Simon Wiegert, Leiter der Abteilung Neurophysiologie am MCTN, wurde im August 2023 ein Antrag für ein "Aufrechtes Zwei-Photonen-Mikroskop für intravitale Fluoreszenzmikroskopie und Photostimulation" im Rahmen des Programms Forschungsgroßgeräte nach Art. 91b GG bei der Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) eingereicht. Nach Begutachtung durch die DFG wurde der Antrag im Februar 2024 bewilligt. Der nächste Schritt für Prof. Wiegert ist nun die Anschaffung des Zwei-Photonen-Mikroskops, da die Finanzierung gesichert ist. Die Inbetriebnahme des Gerätes ist für das erste Quartal 2025 geplant, so dass das Zwei-Photonen-Mikroskop voraussichtlich im Sommer 2025 an der Medizinischen Fakultät Mannheim einsatzbereit sein wird.

Mit der kontinuierlichen Verbesserung und Entwicklung genetisch kodierter fluoreszierender Indikatoren neuronaler Aktivität für eine Vielzahl von Signalmolekülen und Metaboliten hat sich die Zwei-Photonen-Mikroskopie zu einer etablierten Methode für die Untersuchung einer Vielzahl biologischer Prozesse in den Lebenswissenschaften entwickelt. Aufgrund der hohen Eindringtiefe in biologisches Gewebe und der relativ einfachen Handhabung eignet sich diese Methode besonders für die Live-Bildgebung im zentralen Nervensystem. Zu den Anwendungen der Zwei-Photonen-Mikroskopie gehören die Fluoreszenzbildgebung schneller subzellulärer Prozesse wie der Kalziumdynamik in neuronalen Prozessen oder der synaptischen Übertragung, die Kalziumbildgebung großer Zellpopulationen oder die chronische Bildgebung der Zellmorphologie und -motilität.

Neben der Bildgebung kann die Zwei-Photonen-Anregung auch zur Stimulation lichtempfindlicher Proteine eingesetzt werden. Die innovative Kombination von Multiphotonenmikroskopie und Optogenetik ermöglicht die Beantwortung neuer, bisher unzugänglicher Fragen in der neurowissenschaftlichen Forschung. Längerfristig sind optogenetische Interventionen für die medizinische Behandlung verschiedener neuropsychiatrischer und neurodegenerativer Erkrankungen sehr vielversprechend. Die gezielte Manipulation bestimmter Gruppen von Nervenzellen könnte dazu beitragen, die koordinierte Dynamik von Netzwerken oder die Aktivität bestimmter Zellen, die ihre Funktion verloren haben, wiederherzustellen. Allerdings ist das Feld noch weit davon entfernt, die optogenetische Manipulation von Schaltkreisen als medizinische Behandlung in der Klinik zu etablieren, insbesondere im Zentralnervensystem. Daher muss die Grundlagenforschung weiter ausgebaut werden, um ein tieferes und präziseres Verständnis davon zu erlangen, wie Hirnregionen funktionell miteinander verknüpft sind, welche Nervenzellpopulationen an bestimmten Verhaltensweisen beteiligt sind und wie die Dynamik neuronaler Netzwerke Erinnerungen kodiert und speichert.

"Die Zwei-Photonen-Mikroskopie und die Optogenetik sind zu unverzichtbaren Werkzeugen in der Forschung meiner Gruppe geworden und werden regelmäßig in Kombination eingesetzt, um unsere wissenschaftlichen Ziele zu erreichen", sagt Professor Wiegert. "Die Fortschritte in der Multiphotonenmikroskopie, mit der kürzlich erfolgten Implementierung der holographischen 3D-Manipulation von Zellensembles, ermöglichen nun die optische Manipulation und Überwachung von Schaltkreisen mit zellulärer Auflösung im Gehirn lebender Tiere."

Das aufrechte Zwei-Photonen-Mikroskop für intravitale Fluoreszenz-Bildgebung und Photostimulation wird in der Live Cell Imaging Mannheim (LIMa) Core Facility der Medizinischen Fakultät Mannheim installiert und der Forschungsgemeinschaft zur Verfügung gestellt. Das Gerät kann beispielsweise eingesetzt werden für die Langzeitbeobachtung von Immunreaktionen auf Hirntumore, die Interaktion von Hirntumorzellen mit Neuronen, die Dynamik von Hirnzellen während pathologischer Zustände wie Neuroinflammation, die optogenetische Untersuchung von nozizeptiven und somatosensorischen peripheren Neuronen, die kardiovaskuläre (Patho-)Physiologie und die rein optische Untersuchung zellulärer Netzwerke durch optogenetische Manipulation und funktionelles Auslesen zellulärer und subzellulärer Funktionen im Gehirn. Das System wird die Zwei-Photonen-Bildgebung der neuronalen Dynamik in vivo und an Präparaten in Verbindung mit holographischer Zwei-Photonen-Stimulation ermöglichen.

Die Kosten in Höhe von 1.150.000 Euro werden gemeinsam von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg über den Struktur- und Innovationsfonds Forschung (SI-BW) finanziert. Ziel des Struktur- und Innovationsfonds ist die Förderung von Spitzenprofessuren an baden-württembergischen Hochschulen.


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