Sie befinden sich hier

Inhalt

Prof. Dr. Daniel Durstewitz

Die Abteilung Theoretische Neurowissenschaften beschäftigt sich zum einen mit mathematischen Modellen von Hirnfunktionen und deren zeitlicher Dynamik, und wie diese Modelle – im Sinne der mathematischen Statistik – aus experimentellen Daten inferiert und parametrisiert werden können. Solche systematisch aus experimentellen Daten hergeleiteten Modelle bilden dann die Grundlage, um die kognitiven und Verhaltensfunktionen zugrunde liegenden neuronalen Prozesse in ihren Mechanismen besser verstehen zu können, insbesondere deren Veränderungen bei psychiatrischen Erkrankungen.

Ein wirklich mechanistisches Verständnis wie verschiedene genetische, physiologische, morphologische oder biochemische (Transmittersysteme) Faktoren zu den bei psychiatrischen Erkrankungen beobachteten Verhaltensänderungen führen, fehlt vielfach noch. Es wäre aber eine wichtige Voraussetzung, um effizientere und individualisierte Behandlungsmethoden entwickeln zu können. Datenbasierte mathematische Modelle können hier helfen, solche Verbindungen herzustellen und damit auch die Entwicklung neuartiger therapeutischer Ansätze prädiktiv zu geleiten. 

Zum anderen beschäftigen wir uns mit Verfahren der Datenanalyse aus den Bereichen der Statistik und des maschinellen Lernens, mit denen hochdimensionale Zeitreihen, wie sie durch moderne Messverfahren (z.B. der funktionellen Bildgebung) generiert werden, in ihrer Struktur analysiert werden können. Die von uns entwickelten Algorithmen zur Analyse raum-zeitlicher Muster lassen sich einerseits grundlagenwissenschaftlich einsetzen, z.B. um Fragen der neuronalen Kodierung und Dynamik zu klären, zum anderen aber klinisch verwerten, um neuartige diagnostische oder prognostische Kriterien zu gewinnen.

Illustration eines 'Zustandsraummodells' (links) zur Inferenz neuronaler Dynamiken (rechts) aus elektrophysiologischen Daten. Im Zustandsraummodell wird angenommen, dass den beobachteten Variablen ('yt'; in diesem Beispiel von mehreren Neuronen gemessene Aktionspotentiale) nicht direkt beobachtete neuronale Prozesse ('zt') zugrunde liegen, die einer gewissen zeitlichen Dynamik folgen, die auf der rechten Seite als Vektorfeld illustriert ist. Diese nicht direkt-beobachtbaren Prozesse aus beobachteten Größen (Messungen) unter verschiedenen Stimulusbedingungen ('ut'; 'Kirsche' und 'Zitrone' im Beispiel links) zu erschließen, ist ein Beispiel für die Anwendung neuronaler Modelle und statistischer Schätzverfahren, in diesem Falle zur Ermittlung von latenten Hirndynamiken, die diagnostisch oder prognostisch genutzt werden können.

Quelle: www.sciencedirect.com/science/journal/23521546/

Auswahl aktueller Publikationen

  1. Russo E & Durstewitz D (2017). Cell assemblies at multiple time scales with arbitrary lag constellations. eLife 5:e19428.
  2. Durstewitz D, Koppe G & Toutounji H (2016) Computational models as statistical tools. Current Opinion in Behavioral Sciences 11:93–99.
  3. Hass J, Hertäg L & Durstewitz D (2016) A Detailed Data-Driven Network Model of Prefrontal Cortex Reproduces Key Features of In Vivo Activity. PLoS Computational Biology 12(5): e1004930.
  4. Lapish, C.C.*, Balaguer-Ballester, E.*, Seamans, J.K., Phillips, A.G., Durstewitz, D. (2015) Amphetamine Exerts Dose-Dependent Changes in Prefrontal Cortex Attractor Dynamics during Working Memory. J. Neurosci. 35: 10172–10187.
  5. Hertäg, L., Hass, J., Golovko, T., & Durstewitz, D. (2012) An approximation to the adaptive exponential integrate-and-fire neuron model allows fast and predictive fitting to physiological data. Frontiers in Computational Neuroscience 6: Article 62.
  6. Hyman, J.M., Ma, L., Balaguer-Ballester, E., Durstewitz, D.*, & Seamans, J.K.* (2012) Contextual encoding by ensembles of medial prefrontal cortex neurons. Proc. Natl. Acad. Sci. USA. 109: 5086-91. *equal contribution
  7. Balaguer-Ballester, E.*, Lapish, C.C.*, Seamans, J.K., & Durstewitz, D. (2011) Predictive Attractor Dynamics of Cortical Populations During Memory-Guided Decision-Making. PLoS Computational Biology 7(5): e1002057. *shared first-authorship
  8. Durstewitz, D. *, Vittoz, N.M. *, Floresco, S.B., & Seamans, J.K. (2010) Abrupt transitions between prefrontal neural ensemble states accompany behavioral transitions during rule learning. Neuron 66: 438-48. *shared first-authorship
  9. Lapish, C.C.*, Durstewitz, D.*, Chandler, L.J., & Seamans, J.K. (2008) Successful choice behavior is associated with distinct and coherent network states in anterior cingulate cortex. Proc. Natl. Acad. Sci. USA 105: 11963-8. *shared first-authorship
  10. Durstewitz, D. & Seamans, J.K. (2008) The dual-state theory of prefrontal cortex dopamine function with relevance to COMT genotypes and schizophrenia. Biological Psychiatry 64: 739-749.

Kontextspalte